Das Roadbook sagt: „schlechte Wegstrecke“. Pah, uns doch egal! Während der tiefergelegte und augenscheinlich hoch motorisierte Käfer vor uns über die Hubbel hoppelt, bügelt der W116 dank Hydropneumatik alles glatt. Wir – also Technik-Erklärer Stephan Schroedel als Navigator und der Autor dieser Zeilen am Steuer – sind unterwegs bei der PS-Speicher-Rallye 2025.

Und das nicht in irgendeinem Allerwelts-Mercedes W116, sondern in einem Fahrzeug, das mit jeder Ziffer seines Namens die Ehrfurcht des Gegenübers größer werden lässt: Mercedes-Benz 450 SEL (also die Langversion) 6.9 (also mit der großen V8-Maschine unter der Haube). In zeitgenössischen Fahrberichten gerne als „Das Beste Auto der Welt“ beschrieben. Damals, in den 70ern, das Nonplusultra in der Oberklasse, gefahren von Staatsoberhäuptern wie John F. Kennedy und dem Schah von Persien, von Rennfahrern wie Nicki Lauda und James Hunt, von Frank Sinatra und Franz Beckenbauer. Und von Rudi Carell (von ihm liegt als Hinweis darauf eine Autogrammkarte in der aus vollem Holz gestalteten, Schatzkistchen-artigen Mittelkonsole).

Und jetzt reihen wir uns also in diese illustre Gesellschaft ein, dem PS.Speicher sei dank. Denn dieses Prachtstück stammt aus dessen an Prachtstücken eben nicht kleinem Fundus. Von dem ein Großteil immer fahrbereit gehalten wird. Und von denen wiederum neben unserem Über-Benz auch viele andere an der PS.Speicher-Rallye 2025 teilnehmen.

Für die 11. Auflage der beliebten Veranstaltung haben sich die Organisatoren des Einbecker Oldtimermuseums ein besonderes Schmankerl ausgedacht: es geht von Einbeck streng nach Roadbook-Chinesenzeichen gen Westen über Stadtoldendorf und Holzminden zum Bilster Berg! Gab es unterwegs noch einen leichten Bruder-Zwist im Team Schroedel (Stephan: „Fahr nicht so schnell, das wird langweilig, wenn wir den anderen hinterher fahren und nicht selber navigieren müssen“ – Thomas: „Aber es ist einfach unglaublich geil, mit dem Auto Gas zu geben!“), dürfen wir hier genau das: Gas geben! Also bis maximal 70 km/h, steht im Roadbook… Aber das stellt sich dann tatsächlich als gar nicht so langsam dar: die vom bekannten Formel-1-Strecken Planer Herman Tilke entworfene und 2013 eröffnete Test- und Präsentationsstrecke in der Nähe von Bad Driburg in Ostwestfalen-Lippe glänzt mit steilen Bergauf- und Bergabpassagen, uneinsehbaren Kuppen, scharfen Kurven und langen Graden – als kleinen Nürburgring hat Mitentwickler Walter Röhrl die Strecke mal bezeichnet.

Und der Mercedes zeigt, was er drauf hat: Unter einem tiefen, im nobel belederten Fahrgastraum kaum zu vernehmendem Grummeln schiebt der knapp 6,9 Liter große V8 die Fuhre voran, damalige Messungen haben ihm einen Sprint auf 100 km/h in 7,4 Sekunden attestiert (aber wir dürfen ja nur 70…). Abbremsen vor der Kurve geht fast genauso vehement wie Beschleunigen. Und da packen die 286 PS zusammen mit den 550 Nm Drehmoment auch schon wieder zu, bis 225 km/h könnte der W116 jetzt weiterziehen. Diese technischen Daten waren Mitte der 70er Jahre eine Ansage, erst recht für eine Limousine – der 6.9 hatte den Ruf eines Porsche-Schrecks.

Wir wollen niemanden erschrecken und fahren nach der Mittagspause vom Bilster Berg über Brakel und Höxter auf teils kleinen, schönen und kurvenreichen Strecken wieder zurück nach Einbeck. Und mindestens genauso gut wie zum Schnellfahren eignet sich der Mercedes auch zum entspannten Cruisen. Alles was man braucht ist an Bord, vieles davon funktioniert elektrisch, Klimaanlage, Schiebedach, Fensterheber, vor einem das große Lenkrad, das edle Holzarmaturenbrett und noch viel weiter vorne am Ende der langen Haube der Stern!

Man sitzt ein wenig entrückt von der Außenwelt auf Sessel-ähnlichem Gestühl, draußen rauscht die Landschaft vorbei – und immer wieder sieht man Gruppen von begeisterten Menschen an der Straße, die winken und Fotos schießen.

Einen regelrechten Menschenauflauf erleben wir dann bei der Zielankunft auf dem Einbecker Marktplatz: Die Leute stehen und sitzen entlang der Strecke während PS.Speicher Museumskurator und Oldtimerfachmann Andy Schwietzer die Teilnehmer-Fahrzeuge vorstellt.

Rasch noch weiter zum PS.Speicher, die Bord-Karte abgeben. Unterwegs ging es nicht nur ums Fahren, wir mussten die Nummern auf Tafeln an Bäumen notieren, in Durchfahrtskontrollen Stempel abholen, Fragen beantworten und Wertungsaufgaben durchführen. Und das haben wir so schlecht nicht gelöst: Platz 17 in der Klasse mit 94 Teilnehmern!
Lag bestimmt am Auto!
Hier noch ein paar Impressionen von der PS.Speicher-Rallye 2025:














