27. April, 2024

Technik erklärt: Bremsscheiben aus Keramik

Zu den typischen Werkstoffen, die für gewöhnlich bei der Herstellung von Autos verwendet werden, gehört der gute alte Stahl, natürlich noch das leichte Aluminium, Gummi oder Kunststoffe mit den unterschiedlichsten Eigenschaften, jede Menge Glas, je nach Ausstattung ein wenig Holz, viel Leder oder auch Stoff. Das ist alles nix Neues. Wo aber der Werkstoff Keramik eine nennenswerte Rolle spielen kann, das ist möglicherweise allgemein nicht bekannt.

Schon die einfache Frage, was Keramik eigentlich ist, lässt manchen ins Grübeln geraten. Aber keine Angst, auch das ist kein Geheimnis. Keramische Werkstoffe sind anfangs eine Art Brei in dem Kaolin (das ist ein weißes Gestein, das sogar auch in Deutschland häufig vorkommt und abgebaut wird), Quarzsand, Ton (was ja nichts anderes ist als eine bestimmte Bodenart), Feldspat (kommt in unfassbar großen Mengen in der Erdkruste vor), Kalk und Eisenoxide kleingemahlen mit Wasser vermischt sind. In matschiger Form kann dieses Gemisch in jede gewünschte Form gebracht werden, danach muss es trocknen und anschließend noch auf über 800°C erwärmt werden. Erst dann erhält der Werkstoff seine typischen Eigenschaften wie extreme Härte, Hitzebeständigkeit und Formstabilität.

Sobald das verstanden wurde, stellt man sich aber bereits die nächste Frage: Was hat das mit Autos zu tun? Für die Antwort muss man sich auf das Gebiet sündhaft teurer Sportwagentechnik begeben. Denn (bis auf ein paar winzige elektronische Bauteile) kommt der Werkstoff Keramik, eigentlich bisher nur in rennsporttauglichen Bremsanlagen zum Einsatz. Nämlich als Ersatz für das sonst übliche Billig-Gussstahlgemisch in den handelsüblichen, schnell rostenden Bremsscheiben. Da sich die Hersteller von hochpreisigen Autos (oder die, die es gerne wären) hier gerne von der Masse abheben möchten, können ein paar wenige erlesene Modelle wahlweise mit Bremsscheiben aus Keramik bestellt werden.

Womit wir zur dritten großen Frage kommen: warum sollte man das tun? Keine Sorge, Gründe gibt es da tatsächlich einige. Erstens: Bremsscheiben aus Keramik sind leichter. Weniger Gewicht ist immer gut, Stichwort Verringerung ungefederter Massen und Kraftstoffersparnis. Zweitens: Bremsscheiben (im besten Falle in Kombination mit Bremsbelägen) aus Keramik verschleißen so gut wie gar nicht. So kann man von Laufleistungen von über 300.000 km lesen, nach denen die Scheiben oder Beläge erst gewechselt werden müssen, was ja neben den eingesparten Werkstattkosten auch noch weniger Feinstaub durch Bremsabrieb bedeutet. Das freut die Umwelt. Und drittens: Bremsscheiben aus Keramik haben den Vorteil, dass sie bei extremer Beanspruchung im Gegensatz zu Stahlbremsscheiben nicht an Wirkung verlieren. Der Grund hierfür ist die viel geringere Hitzeempfindlichkeit von Keramik. Schließlich erzeugt Bremsen Reibungswärme und je nach Beanspruchung Temperaturen, die im Extremfall den Stahl zum Glühen bringen können.

Wer also plant mit seinem Auto regelmäßig an Rennen teilzunehmen oder sich anderweitig häufig in fahrdynamischen Grenzbereichen aufhalten möchte, der kann und sollte über die Anschaffung einer Keramik Bremsanlage nachdenken. Alle anderen, seien wir ehrlich, brauchen das nicht. Schließlich sind wir da in der Sonderausstattungs-Liste preislich in den vierstelligen Euro-Bereichen, wo sich andere nach 10 Jahre alten Kompaktklasse-Wagen umschauen. 

Von Dipl.Ing. STEPHAN SCHROEDEL

Kaum Verschleiß aber hoher Preis: Porsche Ceramic Composite Brake (PCCB) mit Sechskolben-Festsattelbremse und Keramikbremsscheibe. Foto: Porsche

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